Am 26. April 1986 explodierte der Atomreaktor in Tschernobyl. Eine radioaktive Wolke überzog halb Europa.
In diesem Jahr jährt sich das Ereignis zum 38. Mal und hat nichts von seiner Aktualität verloren.
Wir erinnern uns an das Jahr 1986, in dem auch bei uns Spielplätze gesperrt wurden, in dem vor frischer Milch und Obst und Gemüse gewarnt wurde. In dem aufgefordert wurde, bei Regen unbedingt im Haus zu bleiben und nasse Kleidung sofort zu wechseln. Der Weser Kurier hatte eine Hotline für besorgte Bürger*innen und Bürger eingerichtet und wir wagten es nicht, unsere Kinder nach draußen zu lassen. Selbst bis heute ist die radioaktive Belastung in hiesigen Pilzen und Wildfleisch noch deutlich erhöht.
Es ist 38 Jahre her – doch die Katastrophe ist nicht überwunden. Noch immer stellt der Umgang mit der Reaktorruine Behörden und Menschen vor nahezu unüberwindbare Herausforderungen. Nach wie vor liegt radioaktiver Brennstoff in der atomaren Anlage, der weder geborgen noch unschädlich gemacht werden kann. Ein sogenannter Sarkophag wurde deswegen 2016 um das havarierte Kraftwerk gebaut, eine Betonhülle, die Zeit gewinnen soll, um neue Ansätze zu entwickeln.
Rund fünf Millionen Menschen in der Ukraine, Weißrussland und Russland wohnen bis heute in Gebieten, die offiziell als kontaminiert gelten.
Es gab nach Tschernobyl eine Zunahme von Schilddrüsenkrebserkrankungen, vor allem bei Personen, die zum Zeitpunkt des Unfalls noch Kinder oder Jugendliche waren. Es wird auch von anderen Tumoren oder der Zunahme von Leukämien berichtet.
Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine und dem Eindringen russischer Truppen in die Sperrzone Ende Februar 2022, stieg die Ortsdosisleistung an verschiedenen Messpunkten innerhalb der 30-Kilometer Sperrzone und auf dem Anlagengelände des Kraftwerks teilweise um das bis zu 30-fache der sonst üblichen Werte an. Die ukrainische Aufsichtsbehörde führte den Anstieg darauf zurück, dass russische Militärfahrzeuge Staub aufgewirbelt hatten, der infolge des Unfalls von 1986 radioaktive Stoffe enthält.
Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen fiel die letzte Anbindung des Standortes an das externe Stromnetz aus. Die Anlagen, die auf dem Kraftwerksgelände auf externe Stromversorgung angewiesen sind, wie zum Beispiel das Nasslager für abgebrannte Brennelemente, mussten längere Zeit über Notstromdiesel versorgt werden.
2011 havarierte das Atomkraftwerk Fukushima nach einem Erdbeben. Die Wucht der Tsunami-Welle ließ die Kühlung der Atomreaktoren ausfallen. Die Brennelemente im Reaktor erhitzten sich zunehmend, es kam zu Wasserstoffexplosionen und zu einer Kernschmelze. Große Mengen radioaktiver Strahlung traten aus. Mindestens 60.000 Menschen mussten ihre Häuser sofort verlassen.
Atomkraftwerke sind schon im normalen Betrieb eine Hochrisikotechnologie und erst recht sind sie nicht auf Kriege ausgelegt.
Tschernobyl bleibt Mahnmal und Herausforderung. Der Unfall selbst zeigte, wie unverzeihlich die Atomkraft gegenüber menschlichen Fehlern sein kann, wie unbeherrschbar ihre Risiken sind und wie weitreichend die Folgen.
Atomenergie ist teuer und die Endlagerung ist nach wie vor völlig ungeklärt und wird noch Generationen belasten.
Der Atomausstieg ist unumkehrbar, eine Forderung nach Atomenergie ist verantwortungslos und blanker Irrsinn.
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